Turnfahrt Vrenelisgärtli

Nach langer Abstinenz erweckten wir eine alte Tradition vom TV Hinwil wieder zum Leben. Der Besuch vom Vrenelisgärtli. Früher ein beliebtes Ziel für unseren ehemaligen Präsi Walti Stahl. Eine spezielle Turnfahrt stand an.

Trotz früher Morgenstunden trafen wir uns 05:30 wach und gut gelaunt auf dem Gemeindeplatz. Aufgeteilt auf die Autos fuhr der Tross los Richtung Chlöntl. Beim Parkplatz hinter dem extrem niederpegeligen Chlöntlsee angekommen, wartete bereits unser „AlpenTaxi“ auf uns. Nach kurzem Check ob jeder da ist und auch alles dabei hat, ging die anfänglich harmlose Fahrt Richtung Käsern Alp los. Unsere Fahrerin, ein urchiges Urgestein glarnerischer Abstammung, bereitete uns nach zwei Kilometer Fahrt mündlich, ja schon fast lauthals, darauf vor dass es ab nun eher Ruppiger weiter gehe. Ab hier fing eine steile Schotterstrtasse an. Abenteuerlich rasant, jedoch merklich gekonnt und mit viel Routine, lenkte unsere Personentransportfachfrau den 4×4 Sprinter die steile Alpenstrasse hinauf. Auf halben Wege versperrten uns ein paar melkbedürftige vierbeinige Damen den Weg. Diese liessen sich von unserem Heranfahren nicht beeindrucken und blieben desinteressiert stehen. Nach ein paar Minuten warten, fasste sich Felix ein Herz und startet ein Vermittlungsversuch. Anfänglich eher zögerlich, ja fast schon liebkosend, brachte Felix alle bis auf eine Milchgeberin von der Strasse. Für die Letzte, eher sture Dame, kam nun endlich die Sennerin zu Hilfe. Liebevoll von unserer Fahrerin als „Mensch mit elastischer Brust-Kopf-Verbindung“ bezeichnet.

Auf der Alp angekommen ging es im Schatten des Tales, jedoch mit strahlend blauem Himmel, mit der Tour zu Fuss los. Nach 500m Warmlaufen auf der Schotterstrasse ging es dann in den steilen Weg Richtung Glärnischhütte über. Hier zeigte sich bereits schnell dass es sich nicht um einen 0815 Wanderweg handelte. Schon hier gab es ein paar felsige, mit Ketten gesicherte Abschnitte. Jedoch bereits mit wunderbarer Sicht auf eine schöne Tallandschaft.

Nach 700 geleisteten Höhenmetern erreichten wir die Glärnischhütte SAC. Kurze Pause, was zur Stärkung und neues langarmiges Tenü war Sinn des Aufenthalts vor der Hütte. Auch wenn nicht jeder verstanden hat warum es nun Richtung Gletscher gehend lange Hosen braucht.

Und weiter ging es. Ähnlich steil und felsig wie zuvor kraxelten wir den rot-weiss-rot Markierungen entlang dem Gletschervorhof entgegen. Erster Duft von EnergyGel lag in der Luft. Auf dem Gletschervorfeld angekommen, bekamen wir einen ersten Blick auf den eher zurück gezogen lebenden Glärnischfirn Gletscher. Richtung Gletschertor laufend, entdeckten wir mit grossem staunen mehrere Saurierspuren. Nach kurzer Begutachtung unseres TV Indianers vermuteten wir dann doch, dass die Spuren schon eher älter sind und wir keiner Gefahr eines Angriffs prähistorischer Grosstiere ausgesetzt waren. Anderenfalls hätte uns der Hüttenwart darüber sicher informiert.

Das ewige Eis lag nun unter unsern jeweils sehr unterschiedlichen Schuhwerken. Zu Freuden von Felix, der seine Verantwortung der Tour wunderbar nach kam, hatte jeder ein Paar Steigeisen im Rucksack. Das Geklimper der stählernen Zusatzfussnägel erinnerte an das lieblose Versorgen von Besteck eines gelangweilten RS Küchendienst-Rekruten. Mehr oder weniger konnten alle mit dem einen Bändel und den zwei Ösen sich an den Eisen festbinden. In 3er und 4er Seilschaften ging es nun los über knarrendes Eis. Wunderschön. Die Sonne schien nun ungebremst auf die Milliarden Eiskristalle. Diese reflektierten die warmen Strahlen wiederum verstärkt in Milliarden Richtungen. So entging niemand der schon fast groben Hitze. Wer jetzt noch keine Sonnencreme drauf hat wird Tage später noch leuchten. Ein durch die natürliche Wassergewinnung frei gelegtes Felsband trennte oberer und unterer Gletscher. Das durch die Jahre feingeschliffene Felsband war nur wenige Meter breit, was das ausziehen von Steigeisen unnötig erscheinen liess. Doch was für ein Geräusch sich bot, wenn 15 Turner mit jeweils 24 Stahlzinken an den Füssen quasimodoähnlich über blankes Grundgestein kratzen, ahnte wohl keiner. Jedes Kratzen an der Wandtafel oder Ausrutschen mit der Gabel im Teller, war nur die „Vorgruppe“ unseres Hauptkonzerts. Es ging durch March und Bein, nur noch Vreni Schneiders „Kafi am Pischterand“ wäre schlimmer gewesen.

Das ungewohnte Laufen leerte so einigen den Bein-Akku und somit gingen wieder Kunstduftstoff Gerüche von Gels durch die eindrückliche Eislandschaft. Am Ende des Gletschers deponierten wir Grampons und Pickel und schnauften kurz durch. Wir Verdauten die Eindrücke der tiefen Spalten, an welchen wir zuvor vorbei liefen. Felix kündete uns einen ebenso tiefen Kletterseig an.

Der Klettersteig zum Schwander Grat hinunter war das Highlight aller. 40 Meter kerzengrad hinunter. Professionell gesichert und mit 100% Konzentration stiegen wir hinunter. Immer wieder mal hörte man den Satz „Eifach nid abe luege“, was zur Folge hatte dass sich 15 Nasen von Berg weg gedreht haben und hinunter auf den 1400 Meter tieferen Oberblegisee starrten. Jedoch es soll nur eine Vorbereitung für den weiterhin anspruchsvollen Grat gewesen sein. 300 Meter lang konnte man entscheiden ob das Chlöntl oder das glarner Linthtl tiefer liegt.

Nach einem nochmal kurzen Aufstieg nach dem Motto „Es geid nur no eimal embrüf“ erreichten wir unser ersehntes Ziel. Z Vrenelisgärtli. Teils Jahre von weit weg beschaut, war en nun unter unseren müden Füssen. Wildes und freudiges umhergratulieren wie an einer Hochzeit an der alle gleichzeitig geheiratet haben lenkte uns vorerst von der eigentlich Schönheit der Aussicht ab. Nun hatten wir Zeit es zu geniessen. Bevor wir zu Essen kamen gedachten wir nach kurzer Einleitung von Felix noch kurz unserem ehemaligen Präsi Walti Stahl. Dies taten wir mit dem Turnerlied welches unser Frontsänger Franci erst zögerlich doch dann voller Fahrt angestimmt hat. Darauf gab es einen Schluck grasgrünen Genepi.

Der Abstieg ging wiederum konzentriert in umgekehrter Reihenfolge. Schmaler Grat, in Erinnerung gemeisselter Klettersteig, das hinunterschauen ins Tal obwohl mal nicht soll, Steigeisen Geklimper, zahnarztartig-pozusammenziehende Frequenzen auf dem Felsband, bedachte Ruhe auf dem mittlerweile weichen Gletscher und der Kräfte eingeteiltes Hinunterlaufen zur Hütte.

Hier empfing uns Fridli mit einem echten „schön seid Ihr alle zurück“ Gefühl mit einem Kasten Bier und Wasser. Es wurde jedoch erst die Schnürsenkel der Lederschraubstöcke geöffnet bevor wir es gleich mit den Flaschendeckeln machten. Ein wunderschönes Beisammensein auf der Terrasse mit Abendstimmung in den Bergen, liess uns noch mehr die Zivilisation unten im Tal vergessen und schweisste uns mit den letzten Sonnenstrahlen alle zusammen. Ein feines z Nacht, ein fruchtiger glarner Blauburgunder und gute Gespräche leitete uns ein, im Schein des fast vollen Mondes und mit müdem Gebein den Tag ab zu schliessen.

Fotos Patric Mooser